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Zöliakie und Freizeitaktivitäten
Hintergrund und Projektziele
Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, die bei Personen mit genetischer Veranlagung durch die Aufnahme von Gluten verursacht wird und zu einer chronischen Entzündung im Dünndarm führt. In Deutschland wird die Prävalenz der Zöliakie bei Kindern und Jugendlichen auf 0,9 % der Bevölkerung geschätzt. Die einzige verfügbare Behandlung ist die Einhaltung einer strengen und lebenslangen glutenfreien Diät, während eine Nichteinhaltung mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität verbunden ist. Die Einhaltung der glutenfreien Ernährung hat jedoch oft negative Folgen für soziale Lebensbereiche, insbesondere für Kinder und Jugendliche. Studien zeigen, dass sich Kinder und Jugendliche mit Zöliakie in sozialen Situationen oft verletzlich, isoliert und von anderen stigmatisiert fühlen. Infolgedessen nehmen sie tendenziell weniger an sozialen und Freizeitaktivitäten, die mit Essen in Verbindung stehen, teil als ihre gesunden Altersgenossen. Das kann der positiven Identitätsbildung und der sozialen Entwicklung abträglich sein.
Vor diesem Hintergrund untersucht dieses Forschungsprojekt den möglichen Nutzen von Freizeitangeboten, insbesondere von Freizeitcamps, die speziell auf die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen mit Zöliakie ausgerichtet sind. Solche „Zöliakie-Camps“ ermöglichen jungen Patienten gemeinsam mit anderen, entwicklungsadäquate Campaktivitäten in einer sicheren und glutenfreien Umgebung zu erleben. Durch die Untersuchung der Erfahrungen von Kindern und Jugendlichen, die an solchen Camps teilnehmen, konzentrieren wir uns auf die folgenden zentralen Forschungsfragen:
- Verbessert die Teilnahme an Zöliakie-Camps die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Kindern und eine positive Jugendentwicklung? Halten solche Vorteile langfristig an?
- Verbessert die Teilnahme an Zöliakie-Camps die Einhaltung der glutenfreien Diät, das Selbstmanagement und die Verpflichtung zur lebenslangen Behandlung?
- Welche sozialpsychologischen Mechanismen finden in Zöliakie-Camps statt, die die Teilnahme an psychosoziale Vorteile koppeln? Konkret:
- Erhöhen Zöliakie-Camps die soziale Unterstützung durch aktive Förderung intensiver Geselligkeit und Freundschaftsbildung?
- Tragen Zöliakie-Camps zu einer positiven Krankheitsidentität bei, was wiederum das Selbstmanagement-Verhalten steigert und zu einem verbesserten Wohlbefinden beiträgt?
- Tragen Zöliakie-Camps dazu bei, die Angst im Zusammenhang mit der Zöliakie zu lindern und dadurch eine bessere Anpassung und Einhaltung der glutenfreien Diät zu fördern?
Frühere und aktuelle Studien
Unsere vorherigen Untersuchungen (Shani et al., 2020) haben die positiven und sogar langfristigen Auswirkungen von Zöliakie-Camps auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen bereits gezeigt. Anhand einer in Kooperation mit der Deutschen Zöliakie Gesellschaft durchgeführten Querschnittstudie bei Jugendlichen und Jugendlichen mit Zöliakie in Deutschland haben wir die potenziellen Mechanismen aufgezeigt, durch die die Teilnahme an Zöliakie-fokussierten Aktivitäten die Lebensqualität von Patienten verbessern kann. Dies geschieht vor allem durch verstärkte soziale Unterstützung.
Aktuell gehen wir noch einen Schritt weiter und führen in Kooperation mit der Schweizerischen Zöliakie-Gesellschaft (IG Zöliakie der deutschen Schweiz https://www.zoeliakie.ch.de) und einer deutschen Selbsthilfegruppe für Kinder und Jugendliche mit Zöliakie (Zölinet https://zoelinet.de/) eine größere Studie mit einem quasi-experimentellem Design durch. In dieser Studie messen wir mögliche kurz- und langfristige Effekte der Teilnahme an Zöliakie-Camps in der Schweiz und in Deutschland, indem wir Camp-Teilnehmer mit einer passenden Kontrollgruppe von Nicht-Teilnehmern vergleichen (für eine Auswahl von Fragen und Messmethoden klicken Sie hier).
Die Studie läuft derzeit und wird mit Dutzenden von Kindern und Jugendlichen durchgeführt. Wir freuen uns darauf, die Ergebnisse bald mit Ihnen, der wissenschaftlichen Gemeinschaft und der Zöliakie-Community zu teilen!
Dokumente und Veröffentlichungen
- Genehmigung durch die Ethikkommission der Universität Osnabrück.
- Wissenschaftliche Veröffentlichungen:
- Shani, M., Kraft, L., Müller, M., & Boehnke, K. (2020). The potential benefits of camps for children and adolescents with celiac disease on social support, illness acceptance, and health-related quality of life. Journal of Health Psychology. Hier herunterladen
- Meyer, S., & Shani, M. (2021). Structural validation and dyadic child-parent measurement invariance of the celiac disease quality of life questionnaire. European Journal of Gastroenterology & Hepatology. Hier herunterladen
- Poster vorgestellt in der 13. jährlichen Konferenz der Gesellschaft für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie, 9-13. Februar 2021. Hier herunterladen
Weitere psychologische Forschung zur Zöliakie
Zöliakie und Bewältigungsstrategien: Wir wollen die Erfahrungen von Eltern hinsichtlich der Zöliakie-Erkrankung ihres Kindes untersuchen. Dabei geht es um folgende Fragen: Welche Schwierigkeiten ergeben sich für Eltern durch die Diagnose Ihres Kindes? Welche Bewältigungsstrategien wenden Sie an, um die glutenfreie Ernährung Ihres Kindes zu ermöglichen? Und wie geht es Eltern mit dieser Aufgabe?
Teilnahme am Projekt
Wir suchen Zöliakie-Vereinigungen in Europa oder anderswo, die mit uns ihre laufenden oder geplanten Zöliakie-Aktivitäten wissenschaftlich untersuchen möchten. Falls Sie Mitglied einer Zöliakie-Gesellschaft oder -Organisation sind und sich für unser Projekt interessieren, teilen Sie uns dies bitte mit einer kurzen Nachricht an Dr. Maor Shani, maor.shani@uos.de mit.
Wenn Sie Eltern eines Kindes oder Jugendlichen sind und möchten, dass Ihr Kind an unseren Aktivitäten und unserer Forschung teilnimmt, schreiben Sie bitte an Dr. Maor Shani, maor.shani@uos.de.
Bei Fragen, Anregungen und Kommentaren können Sie sich gerne an uns wenden!
Kontaktdetails
Universität Osnabrück (UOS)
Institut für Psychologie
Entwicklungspsychologie
Seminarstraße 20
49074 Osnabrück
Kontakt: Dr. Maor Shani
E-mail: maor.shani@uos.de